Warum arbeite ich eigentlich bei einem Reiseveranstalter für Menschen mit Behinderung?
Eigentlich könnte ich es mir doch gemütlich machen! Langweilig wird mir auch nicht! Im Gegenteil, schließlich habe ich eine Reihe von Aufgaben!
Wie beschrieben, in Über mich, arbeite ich in Soest noch für einen Verein, den Circuszentrum Balloni e.V. und das nun schon seit 13 Jahren. Angefangen haben wir als kleiner Verein, mit ein paar Eltern als Vorstand und einer Gruppe von 25 Kindern. Mittlerweile haben wir über 120 Kinder in verschiedenen Gruppen, die mehrere Male in der Woche trainieren und viel Erfahrung gesammelt. Wir haben Kindergeburtstage, Fortbildungen für Erzieher, Heilerziehungspfleger und andere soziale Berufe, Schulprojekte, Projekte in Zusammenarbeit mit sozialen Trägern der Stadt Soest, einen Austausch mit Jugendlichen aus Israel, wir planen Aufführungen und kleinere Auftritte mit unseren Kindern und Jugendlichen u.v.m.
Seit jetzt vier Monaten betreuen meine Frau und ich noch zwei Tageskinder, deren Mutter schwer erkrankt ist. Ja und dann habe ich ja auch noch meine Familie, meine Frau und meinen Sohn.
Warum arbeite ich also dann noch für RUNA REISEN?
Aus wirtschaftlichen Gründen??
Anders als manch einer vielleicht glaubt, wird man nicht reich wenn man in einem Bereich arbeitet, der sich auf Menschen mit Behinderung spezialisiert hat. Egal ob man Hilfsmittel oder Reisen für Menschen mit Behinderung anbietet. Das kann ich mit meinen Erfahrungen aus über 10 Jahren RUNA sagen. Da ich sogar nur auf Stundenbasis arbeite, anders würde ich es auch gar nicht schaffen, verdiene ich also nicht die Welt. Also wirtschaftliche Gründe sind es nicht!
Warum dann??
Weil ich Menschen mit Behinderung nicht als eine große homogene Gruppe sehe. Wie alle Menschen haben auch wir sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche und dies auch im Urlaub. Mir war und ist es immer noch ein großes Anliegen gerade dies zu Berücksichtigen. Ein Rollstuhlstuhlfahrer mit Familie so wie ich, braucht und erwartet ganz andere Aspekte am Urlaubsort als ein Single. Wenn jemand pflegebedürftig ist, braucht er wieder andere Dinge. Die einen wollen und brauchen nur eine kleine günstige aber rollstuhlgerechte Ferienwohnungen, andere möchten den Luxus pur, aber eben auch rollstuhlgerecht. Wieder andere möchten ein Abenteuer im Urlaub erleben, neue Erfahrungen sammeln. Der nächste möchte mit einem Leihwagen Land und Leute kennenlernen u.v.m. Ich bin stolz darauf, dass runa reisen dies alles berücksichtigt, auch dank meines Engagements.
Ähnlich wie bei meiner Arbeit im Circus, haben wir zu dritt angefangen mit einer Handvoll Kunden. Inzwischen gibt es runa seit über 10 Jahren und wir sind zum größten Spezialanbieter für Menschen mit Behinderung gewachsen. So groß, dass wir noch in dieser Woche umziehen! Das freut mich, macht mich stolz und zeigt mir, dass gute Arbeit sich lohnt und damit auch mein Einsatz. Mir macht es Spaß, bei jedem von mir besichtigtem Hotel zu schauen, für wen könnte das interessant sein! Für wen genau ist das besonders gut geeignet und was kann ich vor Ort noch anbieten (z.B. Ausflüge, Sehenswertes oder andere spannende Aktivitäten). Gibt es tolle Restaurants in der Nähe, kann ich meinen Rollstuhl vor Ort reparieren lassen, wenn es nötig ist u.v.m.
Warum denke ich manchmal: „schmeiß einfach hin“?
Weil es da noch eine andere Seite gibt! Wie gesagt, kann ich eigentlich nicht über zu wenig Arbeit klagen. Und da gibt es eine Seite die so gar keinen Spaß macht! Für runa reisen bin ich auch in den sozialen Netzwerken unterwegs und viel auf Messen präsent. Statt sich nun darüber zu freuen, dass es einen Anbieter wie uns gibt, muss ich mir oft Dinge anhören, die echt nicht schön sind. Um das hier noch mal deutlich zu sagen: runa reisen ist ein Anbieter, er macht also ein Angebot. Ein Angebot kann ich annehmen, oder eben nicht. Wenn mir jemand ein Eis anbietet, kann ich ja oder nein sagen. Aber muss ich mein Gegenüber beleidigen? Muss ich ein Angebot schlecht machen, nur weil ich es nicht nutzen möchte?
Ich habe schon erwähnt, dass ich meine Arbeit bei runa nicht aus wirtschaftlichen Gründen mache. Im Netz lese ich ständig Spezialanbieter wollten die Leute nur abzocken. Nein, das wollen wir eben nicht! Aber so detaillierte Angaben zu einem Hotel zu machen, es zu prüfen, zu schauen was können wir unseren Kunden am Urlaubsort noch anbieten, kostet eben Geld. Service gibt es nicht zum Nulltarif, auch wenn das manch einer glaubt. Und ja, auch wenn das vielleicht manch einer nicht wahr haben möchte, ein Urlaub für viele Menschen mit Behinderung ist mit mehr Aufwand verbunden und dieser Mehraufwand kostet auch Geld. Für meine Kollegen im Büro bedeutet das auch, viel nach zu fragen, genau zu beraten, damit keiner enttäuscht wird. Um unsere Reisegäste optimal zu beraten, zählen viele kleine, aber in der Summe unfangreiche, Arbeiten zum Alltag. Maße des Zimmers werden durchgegeben, ggf. Bilder geschickt, Hilfsmittel organisiert, spezielle Serviceleistungen gebucht. Das kostet Zeit, Arbeitszeit die auch bezahlt werden muss. Wer möchte schon umsonst arbeiten?
Auch lese ich immer wieder, unsere Angaben würden nicht stimmen! Ein Unternehmen wie unseres, kann es sich doch gar nicht leisten falsche Angaben zu machen! Wir prüfen lieber doppelt, bevor wir Informationen weitergeben. Nichts wäre törichter, als falsche Angaben zu machen. Ich weiß sehr gut, dass Menschen mit Behinderung sich auf unsere Angaben verlassen können müssen! Ich als Rollstuhlfahrer hasse auch nichts mehr, als durch schlechte oder gar falsche Angaben in die Irre geführt zu werden.
Braucht es in Zeiten der Inklusion noch Unternehmen wie runa??
Uneingeschränkt, ja! Vielen großen Reiseanbietern ist der Aufwand nämlich zu groß! Sie wissen, dass es gute Kenntnisse braucht um einen wirklich gelungenen Urlaub anbieten zu können! Auch sie vertrauen häufig lieber den Spezialisten. Wie im Übrigen auch Reisebüros, die immer mehr bei uns für Ihre Kunden buchen, weil sie einen verlässlichen Partner schätzen. Selbst die eigenen Büros von namenhaften, großen Reiseveranstaltern tauchen immer häufiger in unseren Kundenlisten auf. Warum wohl?
Immer diese Spezialisten!
Nichts liegt mir ferner, als für alle Menschen mit Behinderung zu sprechen. Denn wie ich schon erwähnt habe, sind wir dafür zu verschieden und individuell. Niemanden will und kann ich vorschreiben, wie, wo und wann er seinen Urlaub macht. Mein Ziel ist es einfach meine Erfahrungen in einem guten Unternehmen einzubringen und täglich dazu zu lernen! Ich freue mich gemeinsam mit einem tollen Team Angebote zu gestalten, die immer besser und umfangreicher werden!
In diesem Sinne,
Euer Jürgen
Lieber Jürgen,
für mich seit ihr der erste Anbieter der Reisen zu realistischen Preisen anbietet. Ich habe deinen Blog sehr genau gelesen und ich verstehe es gut, wenn dir manche Leute auf den Sack gehen. Aber die werden es nicht begreifen das ihr kein Sozialamt seit, sondern einfach nur ein Reisebüro für behinderte Menschen. Ihr macht gute Arbeit. Eure Aktivitäten verfolge ich schon sehr lange und sehe die sehr positive Entwicklung. Macht weiter so, wie ihr selbst wisst, ihr seit auf dem richtigen und besten Weg!
Danke lieber Johann, für das Lob. Freut mich, dass es dir so gut gefällt! LG Jürgen
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